Dokumentarfilm

"
Ich hatte Angst zu versagen - Alkohol am Arbeitsplatz, Hilfen aus der Sucht"

November 2000, 40 min
ein Film von Gerhard Faul
Kamera: Hans Batz, Jürgen Henkel, Peter Holleber

eine Produktion des Medienladen e.V. Nürnberg

gefördert durch:
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit, Sozialreferat der Stadt Nürnberg, Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche

 

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Ingrid Szymanski arbeitet seit 20 Jahren als Krankenschwester im Klinikum Nord der Stadt Nürnberg. Sie pflegt Patienten mit Lungenkrankheiten, darunter unheilbar an Krebs leidende Menschen. Ingrid Szymanski ist verheiratet und hat eine Tochter. Als ihr Kind eingeschult wurde, arbeitete Frau Szymanski auch nachts auf der Pflegestation. Die Schichtarbeit belastete das Familienleben.
Frau Szymanski wurde mit den Erwartungen, die in Beruf und Familie an sie gestellt wurden, nicht mehr fertig. Mit Alkohol fühlte sie sich besser. Es begann mit einem Weizenbier nach der Nachtschicht, um einschlafen zu können. Es dauerte nicht lange, dann brauchte Frau Szymanski schon vor Arbeitsbeginn einen Schluck, um entspannter den Dienst angehen zu können. Schließlich begann sie auch während der Arbeitszeit zu trinken. Im Abfalleimer der Stationstoilette hatte sie stets ein Fläschchen Piccolo versteckt.
1994 wurde sie das erste Mal von ihrer Stationsleiterin auf Alkoholprobleme angesprochen. Schließlich erfolgte eine Vorladung bei der Pflegedirektion. Es wurde darauf bestanden, daß Frau Szymanski Kontakt mit der Sozialberatung aufnimmt. Frau Szymanski stimmt einer Therapie zu. Vier Wochen befand sie sich im Bezirkskrankenhaus Erlangen, wo ein Alkoholentzug durchgeführt wurde. Es folgte ein viermonatiger Aufenthalt in der Fachklinik Wilhelmsheim. Im März 1998 wurde Ingrid Szymanski entlassen. Seit dem ist sie trocken. Bisher trat auch kein Rückfall ein. Regelmäßig nimmt sie an einer Selbsthilfegruppe ehemaliger Alkoholabhängiger teil.
Die Firma Siemens hat am Standort Erlangen 11.000 Beschäftigte. Siemens leistete in den letzten zwanzig Jahren Pionierarbeit auf dem Gebiet der betrieblichen Suchthilfe. Beim Verdacht einer Alkoholabhängigkeit eines Mitarbeiters wird ein abgestufter Interventionsplan angewandt:
  1. Ein Vorgesetzter gewinnt den Eindruck einer Suchtgefährdung oder -erkrankung eines Mitarbeiters, die Auswirkungen auf arbeitsvertragliche Pflichten hat. Der Vorgesetzte führt mit dem Beschäftigten ein vertrauliches Gespräch und weist auf Hilfsangebote hin.
  2. Falls weiter arbeitsvertragliche Pflichten verletzt werden, weist der Vorgesetzte auf mögliche Disziplinarmaßnahmen hin. Der Vorgesetzte informiert Sozialberatung und betriebsärztlichen Dienst.
  3. Tritt keine Besserung ein, verständigt der Vorgesetzte Personalabteilung und Betriebsrat. Der Mitarbeiter wird zu einer erweiterten Gesprächsrunde geladen, wo konkrete Schritte verlangt werden.
  4. Bei weiterer Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten findet ein weiteres Gespräch statt. Nimmt der Betroffene keine Hilfen an, erfolgt eine Abmahnung. Die Familie soll informiert werden.
  5. Tritt wieder keine Besserung ein, so wird in einem Gespräch auf eine mögliche Kündigung hingewiesen.
  6. Bei der weiteren Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten und der Weigerung Hilfen wahrzunehmen, erfolgt unter Einbeziehung des Betriebsrates die Kündigung.

Die Wiedereinstellung wird nach einer erfolgreichen Entziehungsbehandlung in Aussicht gestellt.
Deutschland liegt im Alkoholgenuß mit an der Weltspitze. Im Durchschnitt trank jeder Einwohner (einschl. Säuglinge und Senioren) im Jahre 1998: 127,4 Liter Bier, 18,1 Liter Wein, 4,7 l Sekt und 6 Liter Spirituosen. Beim Bierkonsum rangiert Deutschland weltweit auf Platz 3 hinter der Tschechischen Republik und Irland.
Die Zahl der Alkoholabhängigen in Deutschland wird auf 2,4 Millionen Menschen geschätzt. In der Erwerbswelt gelten fünf Prozent als alkoholabhängig. Der Wirtschaft in Deutschland entstehen durch alkoholbedingte Fehlbedienungen, Unfälle, Abwesenheit vom Arbeitsplatz und alkoholbedingter Krankheit rund 40 Milliarden Mark Kosten pro Jahr.

Kauf mit Vorführ- und Verleihrechten:
90 Euro.

Stichwörter: Alkohol, Sucht, Drogen, Abhängigkeit, Arbeitsplatz, betriebliche Sozialarbeit, Entzug, Therapie, Klinik, Krankenhaus, Krankenschwester